Die ganze Geschichte stand unter keinen guten Stern. Verletzungsbedingt konnte ich ja die letzten 4 bis 5 Wochen kaum laufen und bin sogar auf´s Rad umgestiegen um überhaupt etwas zu machen. Zwei Wochen bevor ich am Start des Mauerweglaufes stand klingt die Verletzung endlich ab (Auch durch die Behandlung meines Lieblingspysio Zicke ), aber würde es auch dabei bleiben ??? Nun, nach den letzten Wochenende weiß ich es: Ja 🙂
Was für ein Wochenende. Am Freitag sind wir am späten Vormittag gestartet, haben das jüngste Kind aus den Klauen der Lehranstalt befreit und sind gemeinsam nach Berlin gefahren. Der große mußte Zuhause bleiben und auf die Katze aufpassen die auch nur allzu gerne mitgekommen wäre.
Zunächst steuert wir unser Refugium in Berlin an, das SmartStay Hotel Berlin City in der Wilmersdorferstraße 148. Die Unterkunft wurde mir, bzw, uns kostenlos durch die Marketing Abteilung zur Verfügung gestellt wofür wir sehr dankbar sind. Günstig gelegen zur nächsten U-Bahn Station um mit der Linie 2 alle Ziele des Laufes direkt zu erreichen, ohne Umzusteigen. Die Smart Stay Hotels fallen in die Kategorie der Hostel/Jugendherbergen und ziehen meist internationales, junges Publikum an. Die Zimmer sind einfach, aber Zweckmäßig und optimal um für kleines Geld in einer Großstadt zu nächtigen.
Nach unseren Check In machten wir uns auch gleich auf den Weg um die Startunterlagen abzuholen und um pünktlich beim Briefing im Ramada Hotel am Alexanderplatz zu sein. Hier trafen wir viele bekannte Gesichter, räuberten uns gegenseitig was vor und machten uns dann auf zum Briefing. Bis hierher war schon einmal alles ganz glatt gelaufen. Alles war perfekt organisiert und lief wie am Schnürchen.
Zurück im Hotel packte ich meine Beutel für die Dropback Station und irgendwann gegen 23 Uhr horchten wir schon an der Matratze. Allerdings nicht sehr lange da um 03 Uhr schon wieder mein Wecker klingelt….. RACEDAY !!! Ganz ehrlich. ich wäre gerne liegen geblieben, war gerade so kuschelig. Aber ich hab es so gewollt, mache mich fertig und Zack, ab in die U-Bahn zum Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark.
Ich war ziemlich Früh hier und hatte so noch Zeit ein wenig zu Frühstücken. Dann kam auch Frank und Tanya. Mit Tanya wollte ich die nächsten knapp Stunden verbringen und Frank wollte uns dabei unterstützen, mit dem Rad. Das Rad hatte wir bzw. Frank netter weise von Falk bekommen. Genau genommen hatten wir also zwei Supporter
Pünktlich um 06:00 Uhr war Start und das Abenteuer “The Wall” konnte beginnen. Die ersten knapp 20 km liefen wir alleine, also ohne Frank, der stieß am VP3 dazu. Unsere Strecke verlief mitten durch Berlin zunächst zum Regierungsviertel und zum Brandenburger Tor. Dort hatten die Veranstalter eine schöne erste Aktion gestartet. Es wurde ein Mauer aus “Holzsteinen” erbaut und jeder Läufer sollte sich einen Stein aus der Mauer herausnehmen und durch das Brandenburger Tor tragen. So liefen wir also praktisch die Mauer weg. Eine tolle Aktion. Das ganze wurde veranstaltet da es genau 55 Jahre her ist das die Mauer gebaut wurde (13. August 1961).
Weiter ging es südlich bis etwa KM 29 dann änderte sich die Laufrichtung nach Westen in Richtung Potsdam. Unser Ziel war es unter 24 Stunden zu bleiben um den begehrten Buckle zu bekommen, eine Gürtelschnalle. Um dieses Ziel zu erreichen durfte man natürlich nicht trödeln, und da kam Frank ins Spiel. Er sorgte für uns, trieb uns an und ermahnte uns zum essen (was bei mir seeehr schwierig ist). Er behielt die Zeit im Auge und mußte uns immer wieder antreiben das wir uns nicht zu lange an den VP´s aufhielten. Das war wirklich sehr schwierig, waren doch alle so nett und gab es so viele Leckereien. Auch Fotos konnte ich Unterwegs kaum machen, aber selbst das übernahm Frank.
Petrus meinte es den ganzen Tag sehr gut mit uns und schickte uns Sonne satt. Eigentlich ja schön und ich will mich ja auch nicht beklagen aber ich konnte gar nicht soviel trinken (und essen) wie ich hätte müssen.
So liefen wir Km für Km durch die Landschaft, die meist wirklich sehr schön war und fast konnte man vergessen das hier einmal ein Todesstreifen war der unsägliches Leid über viele Menschen brachte. Zum “Glück” stößt man aber immer wieder auf Gedenktafeln der Maueropfer und andere Dinge die ein vergessen verhindern. Trotzdem ist es natürlich schwierig sich vorzustellen wie es wirklich war an der Mauer zu leben, egal ob im Westen oder Osten der Mauer. Als 10 jähriger war ich einmal mit meiner Oma bei Verwandtschaft im Osten, das war schon ein einschneidendes Erlebnis und trotzdem wird man sich erst jetzt der wahren Situation bewusst die damals herrschte. Damals war da halt die Mauer, bzw. die Grenze. Punkt. War halt so. Nun ist dies zum Glück nicht mehr so und wir haben die Aufgabe ein vergessen zu verhindern, was schwierig genug ist, gerade in der heutigen Zeit.
Aber zurück zum Lauf. Trotz allen geschichtlichen Aspekten die diesen Lauf ausmachen sind wir natürlich auch wegen des Laufens da, keine Frage. Nach ca. 75 km, in etwa bei Potsdam. ändert sich abermals die Himmelsrichtung und wir laufen nun nach Norden, vorbei an Schloss Sacrow bei KM 90. Hier stecken wir nun auch unsere Lampen ein, den schließlich kann es schneller dunkel werden als ein Lieb ist. Die ersten 80 oder 90 km hatte Tanya Probleme mit den Magen und ging so auch durch ein “Tief”. Dieses Tief ereilte mich auch irgendwann, allerdings eher Mentaler Art. Wann genau das losging kann ich jetzt gar nicht mehr sagen aber den Zenit hatte ich wohl bei KM 115. Dann rächte sich auch noch die zu geringe Nahrungsaufnahme und ich wurde immer langsamer und verlor ein wenig die Motivation. Mittlerweile wurde es auch immer dunkler und wir kramten unsere Warnwesten und Lampen hervor. Tanya wurde von KM zu KM stärker (so glaube ich zumindest) und der Abstand zwischen uns wurde immer größer. Im hellen konnte Frank uns noch ganz gut Unterstützen trotz der KM die uns trennten (er fuhr immer wieder vor und zurück) aber im dunkeln wurde dies immer schwieriger und ich entschied mich meinen Rucksack zu nehmen und die beiden ziehen zu lassen. Wir trennten uns also und ich war nun alleine unterwegs.
Ich laufe ganz gerne alleine im dunkeln, hat es doch ein wenig meditatives an sich, nur war bis zur nächsten Dropbag Station bei KM 128 nicht viel mit laufen. Ich mußte mich immer wieder zwingen: 500 m laufen, 100 gehen. So erkämpfte ich mir die nächsten 7 km bis zum Ruderclub. Dort machte ich dann ca. 20 Minuten Pause (immer noch mit einen komfortablen Zeitpuffer im Nacken), verpflegte mich, sortierte meine Sachen und dann ging es wieder los. Nach ein paar Metern war dann der Knoten gelöst und ich konnte wieder richtig laufen, teilweise sogar sehr schnell, bis dann bei KM 139, kurz nach dem VP23 der Belag des Weges zu Kopfsteinpflaster wechselte. OHHHHH, hab ich geflucht. Dieses Sche…. darauf kann ich einfach nicht laufen, Nein, ich will darauf auch nicht laufen. Aber die haben nun halt damals die Grenze hier gezogen und nun mußte ich da durch. Man hab ich geschimpft ….
Man sollte meinen 22 km bis zum Ziel, ein Klacks. Aber die ziehen sich wie Kaugummi, vor allen da ich nur langsam voran komme. Die Füße wollten eigentlich schon lange nicht mehr und auch der Rest hat protestiert. Soviel harten Belag, soviel Asphalt und Beton haben meine zarten Füßchen noch nie gesehen, das war das Problem (unter anderen). Irgendwann, eigentlich genau nach 22,5 Stunden war es dann aber geschafft. Zieleinlauf im Stadion, was war ich glücklich. Schnell nur duschen, Sachen gepackt und zur U-Bahn gelaufen, ähhh gehinkt.
06:00 Uhr, im Hotel ließ ich mich ins Bett fallen und schlief ein. Aus die Maus-Platt.
Nach 4 Stunden wach ich auf und humple mit meiner Familie zum Frühstück, wie ein alter Mann bewege ich mich und wünsch mir einen Rollstuhl. Nachmittags noch “schnell” zur Siegerehrung und dann nichts wie ab nach Hause. Was für ein Wochenende.
Und heute ? Bis auf ein wenig Kreuzschmerzen und die gestressten Fußsohlen geht es mir bereits wieder sehr gut. Die Bewegungen werden von Stunde zu Stunde flüssiger. Zum Feierabend lockte mich dann noch das Rennrad
Mein Fazit für oder über den Mauerweglauf. Ich finde, und das meine ich Ernst, jeder der 100 Meilen laufen kann sollte den Mauerweglauf einmal gefinisht haben. Abgesehen von der perfekten Organisation, den vielen netten Helfern und der guten Verpflegung punktet der Lauf mit einer tollen Landschaft und vor allen, und das ist mir wichtig, mit der Geschichte um ein geteiltes Deutschland das wir nie wieder haben wollen. Auch wenn ich ich beim Lauf selbst meist mit anderen Gedanken beschäftigt bin, jetzt, in der Nachbearbeitung kommt all dies hoch. Testet es selbst und probiert es. Es müssen nicht immer Berge sein und Trails, auch das gehört zu unseren Sport.
Zuletzt möchte ich mich hier an dieser Stelle bei meiner Frau bedanken die mich begleitet hat, ohne Sie wäre ich gar nicht mehr aus Berlin weggekommen, zumindest nicht am Sonntag und das Sie meine Verrücktheiten so mit macht (Augenzwinker)
Natürlich möchte ich mich auch bei Tanya und Frank für die tolle Zeit bedanken. Man kann 100 Meilen alleine laufen, sollte man aber nicht Danke. Ein Dankeschön auch an Falk und Andreas für alles.
Und falls Ihr mal nach Berlin wollt und für kleines Geld übernachten müßt: Das Smart Stay Hotel Berlin City ist für Euch da
Toller Bericht zu einem tollen Lauf! Zum Glück ist Ultra so lang, dass es einem immer wieder gut geht, bevor man das Ziel erreicht.
Erhol dich gut. 100mi sind weit.
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