51° nördlicher Breite, 17° östlicher Länge, es ist 23:30 Uhr und wir befinden uns auf der “Partymeile“ von Lautenthal. Gäste einer Kneipe die den späten Abend bei vermutlich alkoholischen Getränken ausklingen lassen, fragen nach wo wir zu später Stunde hin wollen. Unsere Antwort kommt Ihnen suspekt vor, uns eigentlich auch. Unser Ziel, den Brocken zum Sonnenaufgang zu erreichen, schwindet von Minuten zu Minute.
Start war am 10. August mit leichter Verspätung um 17:20 Uhr hier in Wehrstedt. Unsere Truppe besteht aus 8 Mann/Frau. Silke, die einzigste Frau im Feld lief allerdings “nur” bis Lamspringe mit wo Ihr Mann extra für uns einen kleinen VP eingerichtet hatte (Nochmal Danke dafür). Jörg durfte uns leider nur bis Hahnenklee begleiten da er am nächsten Tag familäre Pflichten hatte.
Unser Lauf führt uns zunächst über Bodenburg durch die Felder und am Wald entlang nach Lamspringe. Alex hatte extra seine kleine Drohne mitgenommen um ein paar spektakuläre Aufnahmen von uns zu machen (Video folgt). Es herrschen angenehme Temperaturen, um die 23 °C, optimales Laufwetter nach der Hitze der vergangenen Wochen. Gut gelaunt erreichen wir Lamspringe. Nach einer kurzen Rast und der Verabschiedung von Silke (ich denke Sie wäre noch gerne weiter gelaufen….) verschluckt uns der Heber, ein ca. 9 km langes Waldstück am südöstlichen Ortsrand von Lamspringe.
Unser nächste VP erwartete uns bereits in Seesen auf dem Festplatz. Kerstin und Heidi standen dort mit allen möglichen Leckereien. Die Sonne verabschiedete sich nun auch langsam. Kurz vor Seesen kamen wir noch in den Genuss eines schönen Sonnenunterganges. Kerstin und Heidi wartete bereits seit einiger Zeit auf uns. Es wurde wie erwartet eine etwas längere Pause da wir uns hier schon für die Nacht präparierte mussten. Klamoten einstecken, Stirnlampe auf und weiter durch das malerische Seesen hoch zum Lauseberg. Hier mußten wir bereits unser Lampen aktivieren, es wurde dunkel wie im Hühnera…..
Die gut 15 Kilometer von Seesen bis Lautenthal boten uns alles was das Läuferherz begehrt. Schottrige Waldwege, hoch und runter, Trails und Singletrail. hoch und runter, mit und ohne Fahrspuren, mit und ohne Bewuchs …
Ab Seesen sammelten wir nun auch fleißig Höhenmeter, laut Garmin knapp 2600 in der Summe, was einen Eindruck vermittelt wie es uns erging. Steigungen wurde schnell in die Kategorien “Berg” und “steiler Berg” eingeteilt und fiel die Wahl auf letzteres wurde diese gegangen. Die Ansicht ob es sich um a oder b handelt varierte natürlich und je mehr Kilometer wir intus hatten um so steiler wurden plötzlich auch mal eigentlich Ebene Teilstücke.
Im besagten Lautental knackten wir die Marathondistanz (42,195 km) und ab nun wurde es Ultra. Und weil es so schön war ging es auch gleich richtig Steil los über die Wiesen am westlichen Rand in Richtung Hahnenklee. Diese Steigung hat es wirklich in sich, wer hier läuft ist wohl eher eine Gams …
In Hahnenklee mußte uns Jörg wie bereits erwähnt leider verlassen. Der einzigste Vorteil der sich daraus ergab war das wir nun noch einen weiteren VP bei KM 49 hatten. Es wurde nun schon spürbar kälter, auch durch die Pausen, aber wir brauchten sie auch einfach.
Während sich Jörg ins warme kuschelige Auto setzen durfte machten wir uns auf den Weg über den Bocksberg zum Auerhahn und hoch zu “Schalke”. Auch wenn es nun bis zum Gipfel nur noch gut 30 km waren, im Training ist das fast nix, so war uns doch bewusst das ein ankommen zum Sonnenaufgang (05:55 Uhr) wieder nicht klappen würde. Die Uhr zeigte auf Schalke 01:40 Uhr an, blieben also 4 Stunden, beim derzeitigen Tempo, keine Chance. Aber eigentlich war uns das auch schon ziemlich egal. Was so ein Mikroabenteuer ausmacht ist nicht das Ziel oder die gelaufene Zeit sondern die gemeinsam verbrachte Zeit. Auch wenn es nicht immer einfach ist, jeder bestimmt mal in sich hinein geflucht hat, so haben wir doch das weltbeste Hobby ever, ever. Es wird zusammen gelacht,geschwiegen, geflucht und wieder gelacht bis man es zu Ende bringt. Und dann ? Dann ist und kann man auch ein wenig Stolz sein über die erbrachte Leistung.
“Kurz” vor dem Okerstausee, wo Matze und Andreas am Nachmittag einen VP im Gebüsch versteckt hatten, liefen wir oberhalb von Schulenberg noch durch den Racepark. So wie für uns unvorstellbar ist wie hier jemand runter fahren kann und unten LEBEND ankommt so ist es für viele auch unvorstellbar solche Distanzen zu laufen. Aber dieser Downhill ist echt der Wahnsinn und nicht für Geld und gute Worte würde ich hier auch nur einen Zentimeter fahren wollen.
Wie nicht anders zu erwarten brauchten wir ab Okerstausee bis zum Torfhaus erneut gut 2,5 Stunden (für lächerliche 12 km) aber schneller wollte es einfach nicht mehr funktionieren. Es ging gefühlt nur noch hoch und die nicht mehr ganz so frischen Beine und Füße gaben einfach nicht mehr mehr her.
Alex hatte nun auch noch massiv mit der Müdigkeit zu kämpfen und das machte die Sache für Ihn nicht leichter und auch Harald merkte seine Knochen und die beiden entschieden am Torfhaus bei KM 74 auszusteigen. Sicherlich keine leichte Entscheidung so “kurz” vor dem Ziel, aber vollkommen richtig. Bei solchen Läufen ist es wichtig auf seinen Körper zu horchen, sich selber einzuschätzen und dann die richtige Entscheidung zu treffen, sonst kann es für den Läufer selbst und auch für die anderen zu Situationen kommen die man lieber vermeiden möchte.
Also machen wir uns nur noch zu viert auf um den Gipfel zu stürmen. 8,5 km hoch und wieder runter, einfach ….
Andreas, Matze, Frank und ich erreichen um 07:00 Uhr schließlich den Brockengipfel. Wobei, einer von uns, der Matze, läuft sogar die letzten 1,5 km und ist ein “Hauch” vor uns oben. Am Stein schnell ein paar Bilder, verteilen der Medaillen und dann wieder ab nach unten, raus aus den Wind. Das Thermometer zeigt ca. 6 °C an, Windchill Faktor 0 °C, bei leichten Regen, mit leichter Laufkleidung nicht gerade ein Genuss ….
Um 09:20 Uhr also nach genau 15 Stunden darf ich dann endlich den “Beenden” Button an meiner Laufuhr drücken. Hinter uns liegen 91 km, 2600 hm und halt die besagten 15 Stunden. Wir wecken die beiden Aussteiger am Torfhaus und gehen noch zum gemeinsamen Frühstück ins Halali zum Kalorien schaufeln …
Ein schönes kleines Abenteuer nimmt so seinen gebührenden Abschluss.
Wir danken Artiva Sport für die endgeilen Shirt die unser Event erst so richtig Rund gemacht haben. Es war eine Freude zu sehen wie die Shirts durch die Landschaft getragen wurde und sicherlich hat sich der ein oder andere Passant in Lamspringe, Seesen, Lautenthal usw. nur deswegen nach uns umgedreht … was sind das wohl für legendäre Typen mögen Sie sich gedacht haben