Ich hatte da noch eine Rechnung offen. Nachdem wir 2024 den Wesersteinultra aus diversen Gründen abgebrochen haben (siehe HIER), wollte ich dieses Jahr einen neuen Versuch starten. Leider stand ich nun aber alleine an der Startlinie, da es bei den anderen einfach nicht gepasst hatte.
Um kurz nach 3 Uhr in der Frühe bin ich gestartet. Die Luft war noch klar, ein wenig kühl, aber kein Grund, etwas Langes anzuziehen. In die Dunkelheit hinein ging es zunächst hoch zur Ohe nach Bodenburg und über Evensen-Graste nach Hornsen und über den Rennstieg nach Winzenburg. Die Sonne meldete sich dann auch bei Winzenburg an und gemeinsam pflügten wir rüber zum Roswithatrail nach Heckenbeck. Der RT bereitete uns bereits letztes Jahr enorme Freude und auch diesmal war es wieder ein besonderes Erlebnis. Brombeeren, Brennnesseln, Rosen, halt alles, was das Herz begehrt, war zur Stelle und sorgte dafür, dass ich meine Oberschenkel spüren und farblich hervorheben konnte. Natürlich waren nun auch Socken und Schuhe komplett nass, wunderbar. Ich meinte nun, das „schlimmste“ überstanden zu haben (was sich als SEHR falsch herausstellte), und lief fröhlich weiter in Richtung Kreiensen zum ersten VP, einem Bäcker direkt an der Strecke. Dort besorgte ich mir eine Coke und eine Brezel und ging auch gleich weiter, bloß keine Zeit verlieren.
In Greene durfte ich dann wieder im Wald verschwinden und es folgte ein langer, zäher Anstieg, bevor ich dann auf der anderen Seite wieder herunter nach Einbeck laufen durfte. Hier wäre der nächste VP, ein Rewe-Markt, gewesen. Da ich aber diesmal mit Trinkblase und 2 Flaschen lief, hatte ich keine Veranlassung dazu, dort einzukehren. Also weiter und wieder wenigstens eine halbe Stunde gespart.

Blick zurück auf Einbeck
Kurz hinter Einbeck meinte die Sonne dann, sie könnte den Himmel für sich allein haben, und fing an, die Wolken zu verscheuchen, die mich bis dahin immer geschützt hatten. Es wurde also nun nicht nur wärmer allgemein, sondern auch heller. Zum Glück durfte ich in Rotenkirchen gleich wieder im Wald verschwinden und hatte so Schutz vor dem Planeten. Nun hatte ich das erste Mal mit Bremsen, also blinden Fliegen, meine Freude. Ach, was habe ich die vermisst!
Auf der anderen Seite des Waldes wartete schon Fredelsloh auf mich, gut 1,5 Stunden schneller erreicht als letztes Jahr. Fredelsloh ist bei KM 50 und somit hat man hier die Hälfte der Strecke hinter sich. Kaufen kann man da nichts, zumindest nichts zu essen oder zu trinken, und Keramik wollte ich jetzt nicht mitschleppen, also versorgte ich mich ein wenig auf dem Friedhof mit frischem Wasser, in der Hoffnung, dass mir jetzt kein drittes Ohr wächst.
Ab Fredelsloh läuft man einen Teilabschnitt, der wohl der schönste der ganzen Strecke ist. Über einen kleinen Höhenzug, über Wiesen und Wurzeltrails geht es bis Weper und dann durch die Felder, über den Balos (hervorragende Aussicht) bis nach Hardegsen. Zweifellos der schönste Abschnitt.
In Hardegsen, bei km 62, konnte ich dann endlich wieder meine Vorräte auffüllen. Nach einer kurzen Pause lief ich dann weiter über den Gladeberg nach Asche. Der Aufstieg zum Gladeberg ist „mörderisch“, aber was will man sich beklagen?
Der nächste VP bei KM 74 in Adelebsen wollte erreicht werden. Vor Adelebsen läuft man durch eine, wie ich denke, feuchte Niederung. Hier waren meine Freunde, die Bremsen, wieder am Werk. Es waren so viele, dass ich beim Laufen Bewegungen mit der Hand wie ein Scheibenwischer machen musste. Eigentlich wollte ich auch gern mal ein Stück gehen, daran war nicht zu denken.
Die nächste gedankliche Zwischenetappe (ich zerlege mir gern eine lange Strecke in „kleine“ Stücke) war Eberhausen (KM 80). Dort haben wir letztes Jahr Eva kennengelernt und bei ihr durften wir uns im Garten erfrischen. Ich habe sie auch gesehen, sie war gerade im Garten, und sie hätte mir sicherlich auch etwas gegeben, aber ich wollte keine Zeit verlieren und ich hatte ja auch noch genug zu trinken dabei. Gereizt hatte es mich aber schon …
Nun waren es nur noch 20 km, unter normalen Umständen kein Problem, aber die Kräfte verschwanden nun doch zusehends und die Gehpausen wurden immer länger. Ich hatte mir aber mittlerweile knapp über 3 Stunden Zeitvorteil im Vergleich zum letzten Jahr erlaufen und somit keine Eile.
Hinter Bühren durfte ich dann auch wieder aus der Sonne heraus in den Wald. Hier traf ich dann auf einen Weg, der plötzlich verschwand. Da ich aber hier durchmusste, um auf der anderen Seite wieder den Anschluss zu bekommen, half es nichts und ich kämpfte mich erneut durch das Unterholz. Meine Begeisterung war grenzenlos.
Aber alles hat ein Ende und nach 95 km stand ich in Volkmarhausen. Geil, dachte ich, kurze, einfache 5 km noch, dann hab ich es geschafft. Weit gefehlt. Zunächst einmal: steil hoch, dann wieder runter … Weg zu Ende??? Blick auf den Track, hmmm. Zurück und anderen Weg nehmen. Also wieder hoch und noch weiter hoch bis zum nächsten Schotterweg. Gut, hier sogar ein Schild mit Kilometerangabe bis H. M., also weiter. Plötzlich war der Weg wieder weg, zumindest das, was man als Weg bezeichnen könnte. Aus Mangel an Alternativen bin ich dann aber weiter durchs Gestrüpp, gefühlt eine halbe Ewigkeit lang stolpernd und fluchend. Ich wollte einfach nur noch ankommen. Nach einer halben Stunde Irrfahrt durch das Unterholz, mit zerkratzten Oberschenkeln und Beinen, spuckte mich der Wald dann doch irgendwann aus, auf eine Asphaltstraße die zum Ruhewald führte … Prima, da bleibe ich gleich….
Am Ende wurde ich dann aber doch noch mit einem tollen Ausblick auf den Weserstein belohnt und war froh, als ich nach 15 Stunden und 27 Minuten endlich das Ziel erreichte, wo Kerstin schon mit ihrer Freundin auf mich wartete.

Was für ein Tag. Es war wieder mal ein schönes kleines Abenteuer in einer der schönsten Ecken Niedersachsens … sag ich jetzt mal einfach so. 🙂
Vielen Dank an Kerstin und Bettina für die Unterstützung und an Matze für die tolle Medaille. 🙂













