“We on the road to nowhere”, dieser Song begleitet mich am vergangenen Wochenende bei meinen Lauf durch das Leinebergland. Auf der Fahrt zum Start des “STUNT100” nach Sibbesse hört ich passenderweise dieses Lied im Radio. Hier mal der Text der ersten und der sechsten Strophe mit der Übersetzung, die ich besonders passend finde
Well, we know where we’re goin‘
But we don’t know where we’ve been
And we know what we’re knowin‘
But we can’t say what we’ve seenWir wissen, wohin wir unterwegs sind
Haben aber keine Ahnung, wo wir waren
Und wir wissen, was wir kennen
Können aber nicht sagen, was wir alles gesehen haben
Maybe you wonder where you are
I don’t care
Here is where time is on our side
Take you there, take you thereDir kommt das vielleicht komisch vor
Mir macht das nichts
Hier arbeitet die Zeit für uns
und bringt uns ans Ziel
Bevor wir am 06. September um 08 Uhr allerdings starten konnten, trafen wir uns am Vorabend zum Briefing im Vereinslokal des TSV Sibbesse zum besprechen der Einzelheiten am “Raceday”. Hansi Köhler, der “Chef” des ganzen begrüßte uns, die Läufer, und seine zahlreichen Helfer ohne die dieses Wochenende gar nicht statt finden könnte. Nach dem Briefing dann noch die “Pasta Party” und dann ab nach Hause und die letzten Vorbereitung für den STUNT erledigen.
Am Samstag, um 08 Uhr war es dann endlich wieder soweit. Zusammen mit 14 anderen (6 starteten bereits um 06 Uhr) startet ich zu meinen 2. STUNT Abenteuer. Ich lief von Anfang an mit Christoph Matterne, zusammen wollten wir das “Kind” schaukeln. Über den Griesberg gelangen wir zunächst zur ersten VP am Schacht I. Die erste Runde des STUNT führte uns durch “meinen” Wald. Hier kenne ich so gut wie jeden Grashalm und die Eichhörnchen mit Namen. Oberhalb von VP1 trafen wir auf Hans Jürgen, ein Urgestein, der zum STUNT schon fast so dazu gehört wie Blasen an den Füßen Guter Vergleich, oder ? Ist aber nicht böse gemeint. Hans Jürgen fährt jedes Jahr Teile der Strecke mit seinen MTB mit. Mit seinen 75 Jahren eine Top Leistung.
Über den Rosen- und Bösenberg gelangen wir weiter zum Tosmar, den wir nach absolvieren einer Schleife (im Uhrzeigersinn !!!) wieder betreten und bis Diekholzen folgten. Von hier aus dann hoch zum Hildesheimer Aussichtsturm wo wir den 2. VP vorfinden. Auch Jens Scheffler treffen wir dort mit seinen Rad der genauso wie Klaus Meyer auf der STUNT Strecke “umherradelt”.
Christoph und ich ziehen gewissenhaft unser Bahn durch den schwülen Hildesheimer Wald. Es herrschen gefühlte 40 Grad im Schatten und so schwitzen wir vor uns hin. Nach 48 km kommen wir dann aber schließlich wieder in Sibbesse an. 06 Stunden und 16 Minuten haben wir für die Runde gebraucht. Das mag sich langsam anhören, aber wir wollten unsere Kräfte schonen und außerdem hatten wir es nicht eilig In Sibbesse warteten schon Kerstin mit Nils und Tim auf mich um zu schauen wie es mir geht. Das ist natürlich eine willkommene Abwechslung, auch wenn man nicht sehr viel Zeit zum klönen hat. Ich muss meine Flaschen auffüllen, etwas essen und einen Fragebogen von Michele Ufer ausfüllen. Michele schreibt eine Doktorarbeit und dafür braucht er unsere Hilfe, das machen wir dann doch gerne.
Start zur 2. Runde die uns zunächst nach Sack (bei Alfeld) führt, dann wieder zurück nach Wrisbergholzen. Ab der dortigen VP ist dann der STUNT auch nur noch zweistellig, also unter 100 km…. wie motivierend. In Wrisbergholzen treffen wir auch noch auf Michael Neumann und Susanne, ein kurzer Plausch und weiter geht es in Richtung Röllinghausen. Zwischendurch hat es mal ein wenig gestippert, aber nie so das es wirklich als Regen bezeichnet werden konnte, aber um uns herum scheint es immer wieder starke Gewitter mit heftigen Regen gegeben zu haben … Glück gehabt
Oberhalb von Röllinghausen befindet sich bei KM 76 der VP5. Hier hatten wir die Möglichkeit Dinge zu deponieren die wir ab hier brauchen. Zum Beispiel eine Stirnlampe, Trailstöcke, oder auch trockene Socken, ein neues Shirt und auch Schuhe. All dies hab ich gebraucht und war froh es hier zur Verfügung zu haben. Fast wie neu machten wir uns also auf die letzten 27 km von 54 km der 2. Runde auf. Ab Langenholzen wurde es dann richtig knackig. Christoph hatte sich ja wenigstens noch eine zehntel Sekunde auf einer am Wegesrand “abgestellten” Bank ausruhen können, ich mußte den Berg von Langenholzen zum Himmelbergturm so bestreiten Man war das steil, und es zog sich hin wie Kaugummi. Zum Glück hatten wir unsere Stöcke dabei. Am Himmelberg angekommen mußten wir dann auch schon unsere Stirnlampen aktivieren, war es doch mittlerweile recht dunkel geworden. Bereits am nächsten VP in Eimsen war es dunkel wie im Hühnerar….
Hier in Eimsen ging es mir letztes Jahr schon nicht mehr besonders gut, 8 km weiter bin ich dann ausgestiegen. Dieses Jahr lief es besser für mich. Ich hab aus Fehlern von 2013 gelernt, mich besser verpflegt, mehr getrunken und auch mich auch vor dem Lauf anders verhalten (Stichwort: kein griechisches Essen am Vorabend eines 160 km Laufes). Nachdem Christoph nur knapp den Angriff einer Fledermaus in der Feldmark von Eimsen überlebt hatte liefen wir weiter nach Brüggen zum nächsten VP. Vorher mußten wir allerdings noch die Arkenschleie bezwingen, ein ca. 1,3 km langer Aufstieg. Das Ding hat richtig Kraft gekostet und ist meiner Meinung nach noch schlimmer wie der Aufstieg nach der VP in Brüggen. Vom Tafelturm konnten wir es dann bis zur VP rollen lassen.
Nach 15 Stunden und 53 Minuten erreichten wir wieder Sibbesse und machten uns für die 3. Runde, 38 km in Richtung Külf fertig. Vor Sibbesse empfing uns Jörg Jablonski, er eskortierte uns zum Sportplatz und leistete noch Gesellschaft bis wir wieder los liefen. Als Teilnehmer hat man von solchen besuchen allerdings nicht viel. Zumindest bei mir ist es so das ich mich auf das kommende konzentrieren will und auch muss. Schließlich kann es entscheidend sein ob man nach 120 km im Wald noch ein Akku hat oder nicht ! Man darf also nichts vergessen.
Quer durch die Sieben Berge, die Wettenser Schlei hinunter liefen wir zur Leine und überquerten diese bei Wettensen. Starker Nebel ließ die Sicht auf wenige Zentimeter schrumpfen. Nach gut 13 km der 3. Runde erreichten wir den VP in Godenau, betreut von unseren gemeinsamen Freund Thomas Ehmke und seiner Freundin Inge, auf die wir uns besonders freuten, hatten wir doch von Thomas einen Spezial Espresso in Aussicht gestellt bekommen. Und den bekamen wir auch, man tat der gut. Und Brühe. Das Flair dieses VP´s von sehr surreal. Eine gesperrte Bundesstraße, Nachts keine Ahnung wann, ein sturz Betrunkener der die Bundesstraße auf voller Breite nutzen muss und dann noch ein FlikFlak ähnlichen Überschlag produziert, 4 Personen an einen Camper am Wegesrand, Espresso trinkend mit am Auto befestigten blauen Lampions …. und ich Vollpfosten mach nicht ein einziges Foto !!! Sorry. Aber nach müde kommt blöd.
NACHTRAG: Thomas Ehmke schickte mir heute ein Foto der VP 🙂
Augenblicke später, jegliches Zeitgefühl ist schon seit Stunden nicht mehr vorhanden stehend wir am Fuße des Külf´s, ein ca. 8 km langer Trail. Im hellen ein Traum, im dunkeln fast ein Albtraum. Wurzeln, dichter Bewuchs, an ein flüssiges laufen, sofern man das nach 120 km noch als solches bezeichnen kann, ist nicht zu denken. Wir stolpern und laufen über den Bergrücken, treffen Christian Farthing der die Runde falsch herum lief und erreichen irgendwann DIE Hütte. Hier machen wir eine kurze Pause. Nur kurz sitzen, ein Moment die Augen zu, vielleicht 3 Minuten, dann weiter zum VP am Freibad in Banteln. Fast genauso unwirklich wie Godenau. Zwei Stühle, ein Tisch, nette Bewirtung, aber ein Geräusch Pegel der kaum zu ertragen ist. Die Züge die fast im Minutentakt vorbei rattern und eine Privatdisko mit hämmernder Technomucke. Wir bleiben nur kurz und flüchten wieder in die Dunkelheit. Nach überqueren der alten Leine erreichen wir Rheden. Hier, 10 km vor Sibbesse können wir die Stirnlampen ausschalten da es anfing zu dämmern. Meine eigenen Akku´s sind nun nach 135 km aber recht leer, mir wird ein wenig übel, mehr so “koderig” und die Beine bzw. die Füße wollen auch nicht mehr so recht mitmachen. Die Fußsohlen sind aufgeweicht und es fängt an jeder Schritt weh zu tun. Christoph nimmt natürlich Rücksicht und so trotteln wir weiter. Kurz vor Sibbesse wurde meine Übelkeit besser und auch das laufen ging zeitweise wieder recht gut, zumindest wenn der Untergrund nicht zu steinig und hart war. Wir erreichen erneut Sibbesse nach 23 Stunden und 38 Minuten und schließen damit auch die 3. Runde ab. Nun noch eine letzte kleine 20 km Runde, sollte kein Problem sein, denkt man.
In Sibbesse ruhen wir uns etwas aus, nicht lange, vielleicht 20 Minuten. Ein Kamillentee bringt meinen Magen wieder in Ordnung und ich kann wieder zaghaft an essen denken. Die kommenden 20 km, 10 km bis Barfelde und wieder zurück, werden als die langsamsten 20 km meiner Laufhistorie eingehen. Normalerweise brauche ich 01:45 bis 02:00 Stunden für diese Distanz (im Training, im Wettkampf hab ich das auch schon in 01:28 Std geschafft). Diesmal allerdings dauert es fast 4 Stunden. Jeder Berg hoch und auch manche runter mußten gegangen werden. Jeder Schritt auf den Schotterwegen wurde zur Qual. Gerade Teilstücke konnten gelaufen werden, sofern man das gewackel noch als laufen bezeichnen kann. Aber schließlich erreichten wir, Christoph und ich, nach 27 Stunden und 54 Minuten das Ziel in Sibbesse. Wir wurden auf das herzlichste von vielen Freunden begrüßt und beglückwünscht, ein schöner Moment der einen die Schmerzen fast sofort vergessen läßt.
Für mich war es der zweite Lauf über die 160 km Distanz. Dieses Jahr wesentlich härter wie 2012, soviel steht fest. Die Strecke ist schön, keine Frage, aber definitiv kein Kindergeburtstag. Umso schöner ist es dann wenn man es geschafft hat, leicht kann ja jeder
Mein allergrößer Dank geht an Christoph Matterne. Zusammen haben wir 28 Stunden verbracht, so etwas schweißt zusammen. Wir haben viel geredet aber auch mal geschweigt, aber immer war es schön zu wissen das da jemand ist, der einfach da ist.
Und auch an die vielen Helfer geht mein Dank. Ohne Euch, kein STUNT. So einfach. Ein speziellen Gruß möchte ich hier an dieser Stelle an Thomas und Inge schicken. Danke für den sagenhaften VP in Godenau, hätte ich doch bloß ein Foto gemacht.
Unter http://www.stunt100.de/STUNT100-Livebericht2014.html könnt Ihr lesen was sonst noch so passiert ist. So, ich denke ich habe genug getextet. Ich werde mich jetzt noch ein, zwei Tage lauftechnisch ausruhen und dann wieder langsam einsteigen “Schaun wa ma”
PS: Heute, am Montag sind meine Füße schon fast wieder wie neu und mir geht es gut, eigentlich sogar sehr gut, eigentlich richtig geil, den ich habe den
STUNT100 gefinisht
Hier noch ein paar Fotos die mich heute von Kristina Tille erreichten, danke dafür 🙂
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